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Kopf, schloß mit zitternden Fingern die Schnalle seines Umhangs
und sah prüfend an sich hinunter. Er wirkte eher wie die boshafte
Karikatur eines Satai als wie ein Angehöriger der Kriegerkaste:
Sein Körper war über und über mit Verbänden und Pflastern be-
deckt, und dort, wo die Haut sichtbar blieb, war sie zerschunden
und rot, mit winzigen Linien wie Messerschnitten übersät. Seine
Kleider waren nur noch Fetzen, und selbst sein Harnisch war zer-
schrammt und eingerissen. Aber für den Moment würde es gehen.
»Bring mich zu Gowenna«, sagte er.
Kor-tel stand auf, ging gebückt an ihm vorbei und schlug die
Decke zur Seite, die den Ausgang verschloß. Skar blinzelte, als er
hinter dem Sumpfmann ins Freie trat. Die Sonne sank, wie Kor-tel
gesagt hatte, aber ihr Licht war noch grell und stechend und sug-
gerierte eine Wärme, die nicht da war.
Der Anblick war beinahe enttäuschend. Wie jedermann auf En-
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wor hatte Skar viel über Cosh gehört; viel und doch wenig, eigent-
lich, wenn er es recht bedacht, nichts außer Vermutungen. Go-
wenna war der erste Mensch, den er traf, der Cosh wirklich betre-
ten - und auch wieder verlassen - hatte. Er wußte nicht, was er
erwartet hatte; aber das nicht.
Die Hütte lag am Rand einer kreisrunden, vielleicht tausend
Fuß durchmessenden Lichtung. Der Boden war mit kurzem, har-
tem Gras und Büscheln einer dornigen Pflanze bewachsen; hier
und da lugte der gelbe oder weiße Farbfleck einer Blume hervor,
und vom Waldrand aus schlängelte sich ein schmaler Trampelpfad
in scheinbar sinnlosen Windungen heran. Es gab drei weitere Bau-
werke - wie das, in dem er erwacht war; halbrunde Kuppeln aus
geflochtenem Gras und Ranken ohne Fenster oder feste Türen.
Sonst nichts. Cosh war keine Stadt, nicht einmal ein Dorf. Selbst
diese vier Hütten sahen aus, als wären sie schon seit langem verlas-
sen. Die Anzeichen des Verfalls waren unübersehbar. »Was hast
du?« fragte Kor-tel, als Skar überrascht stehenblieb. »Ent-
täuscht?«
Skar wollte nicken, besann sich aber im letzten Moment anders;
schließlich wollte er den Sumpfmann nicht verletzen. So suchte er
Zuflucht in einem verlegenen Lächeln. »Nein«, sagte er hastig.
»Ich war nur ... überrascht. Ich hätte etwas anderes erwartet.«
Obwohl er Kor-tels Schattengesicht nicht sehen konnte, war er
fast sicher, daß der Sumpfmann lächelte. »Du hast eine Stadt er-
wartet«, vermutete er. »Oder eine Burg. Eine von Ranken und
Baumwurzeln überwucherte Festung im Herzen der Sümpfe.«
Seine Stimme klang amüsiert. »Du wirst sie nicht finden. Dies hier
ist Cosh.«
»Aber wo lebt ihr?« fragte Skar verwirrt.
Kor-tel machte eine weit ausholende Geste. »In den Sümpfen,
Skar. Unsere Heimat ist der Wald und der Sumpf. Wir brauchen
keine Häuser oder gar« - diesmal klang seine Stimme eindeutig
abfällig - »Festungen. Braucht ihr sie?«
Skar antwortete nicht gleich. Im Grunde hatte der Sumpfmann
recht - die Zeiten, da er selbst ein festes Dach über dem Kopf
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hatte, waren selten. Den größten Teil seines Lebens hatte er im
Sattel oder unter freiem Himmel verbracht. Trotzdem konnte er
sich mit der Vorstellung eines Volkes, das ständig im Freien lebte,
dort schlief und aß und seine Kinder gebar, nicht anfreunden.
Seine Vorstellung von Zivilisation war zu sehr mit der von Festun-
gen und Häusern und Städten verbunden.
»Wo ist... Gowenna?« fragte er stockend.
Kor-tel deutete wortlos auf eine der Hütten und setzte sich in
Bewegung. Skar folgte ihm, langsam und mit kleinen, behutsamen
Schritten, als wäre er ein alter Mann. Er fühlte sich auch beinahe
so; das Gefühl der Stärke, das er nach seinem Erwachen verspürt
hatte, war verschwunden, und er bereute schon, nicht auf Kor-tels
Rat gehört zu haben.
Der Sumpfmann blieb vor dem Eingang der Hütte stehen und
machte eine einladende Bewegung. »Ich werde hier warten«, sagte
er. »Ruf mich, wenn du etwas brauchst.«
Skar nickte, schlug die Decke beiseite und trat gebückt in die
Hütte. Im ersten Moment erkannte er nicht viel; seine Augen hat-
ten sich in den wenigen Minuten, die er draußen gewesen war, be-
reits an die Helligkeit gewöhnt. Aber die Hütte schien sich kaum
von der zu unterscheiden, in der er erwacht war. Sie bestand aus
einem einzigen runden Raum, und die gesamte Einrichtung be-
stand aus zwei niedrigen Lagern und einer grob zusammengezim-
merten Kiste. Gowenna kauerte vor einer der Lagerstätten und
wandte ihm den Rücken zu, als er die Hütte betrat. Vor ihr lag
eine reglose, halbnackte Gestalt. Del.
Skar trat lautlos neben Gowenna, ließ sich auf die Knie sinken
und berührte sie am Arm. Sie wandte kurz das Gesicht, nickte und
legte den Finger auf die Lippen. Er verstand. Del schlief, zumin-
dest hatte er die Augen geschlossen.
Gowennas Hand strich sanft über die Stirn des jungen Satai,
verweilte einen Moment über seinen Augen und berührte sie. Del
regte sich; die langsamen, unsicheren Bewegungen eines Mannes,
der aus einem sehr sehr tiefen Schlaf erwacht. Er öffnete die Au-
gen, starrte einen Moment blicklos zur Decke und hob dann den
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Kopf. Sein Gesicht zeigte nicht die mindeste Regung, als er Skar
ansah.
»Erkennst du mich?« fragte Skar.
In Gowennas Gesicht zuckte es, und Skar bereute die Worte
schon wieder.
Del nickte. »Was für eine dumme Frage«, sagte er. »Warum
sollte ich dich nicht erkennen? Du bist Skar.«
Skar unterdrückte einen Schreckenslaut, als er Dels Stimme
hörte. Sie klang flach, tonlos, wie von einem Mann, der im Schlaf
oder in Trance sprach.
Trotzdem lächelte Skar.
»Natürlich war es dumm«, sagte er, gezwungen fröhlich. »Ver-
zeih.«
»Du solltest ihn schlafen lassen«, meinte Gowenna. »Er braucht
noch sehr viel Ruhe.«
»Ja«, bestätigte Del. »Ich brauche Ruhe. Ich bin müde.« Sein
Kopf sank zurück, die Augen schlossen sich, und er schien im glei-
chen Moment wieder einzuschlafen. Skar wollte etwas sagen, aber
Gowenna schüttelte hastig den Kopf und deutete auf den Aus-
gang. Erst, als sie die Hütte verlassen hatten, fiel die Spannung
von ihr ab.
»Verzeih, Skar«, sagte sie. »Ich hatte keine Gelegenheit, dich
darauf vorzubereiten.«
»Worauf?« fragte Skar scharf. Die Betäubung fiel von ihm ab
und machte einem dumpfen Zorn Platz. »Was hast du mit ihm ge-
macht, Gowenna?«
»Alles, was ich konnte«, antwortete Gowenna, ohne ihn anzuse-
hen. »Ich habe versucht, ihm zu helfen, Skar.«
»Helfen?« Skar hatte Mühe, wenigstens äußerlich ruhig zu blei-
ben. »Das was ich gerade gesehen habe, sah nicht sehr nach Hilfe
aus.«
Gowenna lächelte. Es wirkte traurig. »Ich weiß«, sagte sie leise.
»Es war ... der letzte Ausweg. Das heißt, nicht einmal das. Ein
Versuch.«
»Was für ein Versuch?«
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»Du warst lange bewußtlos«, erwiderte Gowenna statt einer di-
rekten Antwort. »Ich habe dich versorgt, so gut ich konnte, und
dann habe ich mich um Del gekümmert. Aber ich glaube nicht,
daß ich ihm helfen kann. Ich weiß alles, was eine Errish weiß, aber
was immer Vela mit ihm gemacht hat...«
Sie schüttelte den Kopf, starrte zu Boden und breitete in einer
hilflosen Geste die Hände aus. »Ich fürchte, ich bin machtlos da-
gegen.«
»Sie hat nichts mit ihm gemacht«, murmelte Skar.
Gowenna sah auf. »Woher weißt du das?«
»Er hat es mir gesagt, Gowenna. Sie hat ihn nicht verzaubert
oder behext. Er liebt sie. Das ist alles.«
»Er ...« Sie brach verwirrt ab. »Das ist nicht dein Ernst! Wie
kann jemand diese Hexe lieben?«
Diesmal war es an Skar zu lachen. »Diese Frage mußt gerade du
stellen?« Er schüttelte den Kopf, trat einen Schritt auf sie zu, blieb
aber außerhalb ihrer Reichweite stehen.
»Findest du es nicht reichlich albern, daß wir uns schon wieder
streiten?« fragte Gowenna, ohne auf seinen verletzenden Tonfall
einzugehen.
Skar verzog geringschätzig die Lippen. »Warum nicht? Viel-
leicht können wir hinterher wieder miteinander schlafen.«
Diesmal trafen sie seine Worte. Sie starrte ihn an, öffnete den
Mund, als wolle sie etwas sagen, drehte sich aber dann wortlos
herum und ballte die Fäuste.
Skar begann sich schäbig zu fühlen. »Ich ... es tut mir leid«,
murmelte er. Er hob die Hand und berührte sie an der Schulter,
aber Gowenna machte einen raschen Schritt zur Seite und streifte
seinen Arm ab.
»Nein, Skar«, sagte sie. »Es tut dir nicht leid.« [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]
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