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besaßen wir Waffen, mit denen wir den Ausgeburten der Hölle et-
was hätten anhaben können. Allein den Engeln, die unsere Städte
schützten, haben wir unser Überleben zu verdanken. Über vierhun-
dert Jahre lang sollte dieser Krieg andauern, der uns und unsere
Geschichte für immer veränderte. Aber die Vergänglichkeit dieser
Welt ging auch an den Kriegern des Himmels und der Hölle nicht
spurlos vorüber. Je länger sie hier verweilten, desto ähnlicher wur-
den sie uns.
Zum ersten Mal seit ihrer Erschaffung erfuhren Engel und Dä-
monen Verlust, Schmerz und Trauer. Allzu menschliche Gefühle.
Und es geschah, was nicht hätte geschehen dürfen: Der Engel Lilith
verliebte sich in den Dämon Lucius. Gemeinsam beschlossen sie,
dem Krieg ein Ende zu bereiten. Sie vermischten ihr Blut mitein-
ander und so erwarb Lilith die Macht, neues Leben zu erschaffen.
Sie erwählte einige wenige Menschen, denen sie besondere
Fähigkeiten verlieh: Unsterblichkeit, übermenschliche Kräfte,
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Magie. Aus ihnen erschuf sie die Kinder der Nacht. Vampire, Wer-
wölfe und Hexen. Doch die übrigen Dämonen trauten dem gefallen-
en Engel nicht, und als sich ihnen die Gelegenheit bot, töteten sie
Lilith.
Zu diesem Zeitpunkt war der Krieg bereits weit fortgeschritten
und das Heer der Dämonen stark geschwächt. Auch war es den
Himmelskriegern inzwischen gelungen, den Standort des Dämon-
enportals ausfindig zu machen. In der entscheidenden Schlacht zer-
störten sie die Pforte in die Höllendimension, wodurch es zu einer
gewaltigen Explosion kam, die die letzten Dämonen tötete, die
gekommen waren, um das Portal zu schützen. Doch auch die Stadt
Rom, einst das Zentrum der Welt und Sitz des geheimen Portals,
wurde für immer vernichtet.
Nun endlich hatte der Krieg ein Ende gefunden und die Engel
verließen unsere Welt. Die Kinder der Nacht blieben jedoch zurück.
Frei von Liliths Einfluss folgten sie ihrem eigenen Willen und ein
neuer Krieg drohte auszubrechen. Dieses Mal zwischen ihnen und
uns. Im letzten Moment konnte er verhindert werden, und es kam
zur Bildung des Rates der Nox. Ein Bündnis von Menschen, Vam-
piren, Hexen und Werwölfen, die eine friedliche Koexistenz zwis-
chen unseren beiden Völkern aushandelten. Für lange Zeit war der
Friede gesichert. Doch dann machte die Hexe Evelyn Gramstone
vor siebzehn Jahren eine Prophezeiung, in der sie Liliths Rückkehr
verkündete:
Drei Blutlinien, die sich vereinen,
werden den gefallenen Engel gebären:
Lilith, die Mutter und Königin.
Ihr Wille wird die Kinder der Nacht lenken
und sie werden ihr in die Schlacht folgen,
die Anfang und Ende ist.
1.
Ich war tot. Nicht wirklich. Ich fühlte mich nur so. Seit vier Uhr
früh war ich auf den Beinen und die sechsstündige Zugfahrt gab
mir gerade den Rest. Das dumpfe Rauschen des Fahrtwinds, der
sich am Zug rieb, machte mich schläfrig, sodass mir immer wieder
die Augen zufielen. Ich fühlte mich erschöpft, antriebslos. Meine
Hände zitterten. Am liebsten hätte ich auf der Stelle losgeheult,
aber diese Schwäche durfte ich mir nicht auch noch geben. Ich
zwang mich, die Lider offen zu halten, und starrte auf den leeren
Sitz mir gegenüber. Königsblau. Doch kein Muster, dem ich mit den
Augen hätte folgen können. Keine Ablenkung. Doch es gab noch
einen anderen Weg, mich wach zu halten.
Ich brauchte bloß an die vergangenen Tage zurückzudenken und
schon kochte die Wut in mir hoch. Es war alles so verdammt unfair,
dass ich auf der Stelle hätte losschreien können. Freunde, pah!
Solange du bist wie sie, solange du denkst wie sie, ist alles gut. Aber
wehe, du bist anders. Na schön, ich war sehr viel anders. Ich hatte
ihnen nie auch nur ein einziges Haar gekrümmt und trotzdem be-
handelten sie mich mit einem Mal wie ein Monster. Ich selbst kon-
nte doch wohl am wenigsten dafür, wer ich war. Natürlich hatte sie
das nicht interessiert. Ihre höhnischen Worte, ihre hasserfüllten
Gesichter verfolgten mich bis in den Schlaf. Eigentlich sollte man
meinen, dass ich nach all den Jahren besser damit umgehen kön-
nte. Doch die Wahrheit ist, dass man sich nie wirklich an so etwas
gewöhnt. Und das alles nur, weil sie das mit Evelyn Gramstone
herausgefunden hatten.
Ich drückte meine Stirn gegen das kühle Glas des Zugfensters. Es
milderte das Pochen hinter meinen Schläfen, während ich mit
trägem Blick auf die vorüberziehende Landschaft starrte. Saftige
Sommerwiesen. Grüne Hügel. Die Lowlands. Wunderschön. Nur
hie und da ragten alte, rußgeschwärzte Ruinen aus der Landschaft
auf. Mahnmale eines lange zurückliegenden Krieges. Wie nur?,
fragte ich mich. Wie hatten sie es herausgefunden? Von alleine
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konnten sie unmöglich dahintergekommen sein, dass Gramstone
meine Großmutter war. Dafür hatte meine Familie ihren Namen
schon zu oft gewechselt. Jemand musste mich verraten haben. Ver-
dammt, man konnte wirklich niemandem trauen!
Ich hatte wirklich allen Grund, dieses Leben zu hassen. Zehn
Jahre auf der Flucht. Meine gesamte Kindheit. Dann der Tod von
Grandma, der uns allen Hoffnung auf Frieden gab. Doch was für
ein Irrtum. Jedes Mal wenn unsere Nachbarn herausfanden, wer
ich bin, mussten wir wieder verschwinden. Nun war es einmal mehr
so weit. Bestimmt hatte die Direktorin längst Mum und Dad
darüber informiert, dass ich gestern vom Internat geflogen war. Sie
hatte doch nur nach einem Vorwand gesucht und Lewis
gebrochene Nase hatte ihr diesen geliefert. Aber niemand nennt
mich ungestraft eine dreckige Hexenschlampe.
Meine Eltern wurden im Moment vermutlich von einer Panikat-
tacke nach der anderen heimgesucht. Immerhin war meine
Tarnung aufgeflogen. Was das bedeutete, konnte ich mir an allen
zehn Fingern ausrechnen: wieder eine neue Stadt, wieder ein neuer
Name, wieder keine Freunde. Allein bei der Vorstellung legte sich
eine frostige Schicht aus Raureif um mein Innerstes. Ich wollte [ Pobierz całość w formacie PDF ]
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besaßen wir Waffen, mit denen wir den Ausgeburten der Hölle et-
was hätten anhaben können. Allein den Engeln, die unsere Städte
schützten, haben wir unser Überleben zu verdanken. Über vierhun-
dert Jahre lang sollte dieser Krieg andauern, der uns und unsere
Geschichte für immer veränderte. Aber die Vergänglichkeit dieser
Welt ging auch an den Kriegern des Himmels und der Hölle nicht
spurlos vorüber. Je länger sie hier verweilten, desto ähnlicher wur-
den sie uns.
Zum ersten Mal seit ihrer Erschaffung erfuhren Engel und Dä-
monen Verlust, Schmerz und Trauer. Allzu menschliche Gefühle.
Und es geschah, was nicht hätte geschehen dürfen: Der Engel Lilith
verliebte sich in den Dämon Lucius. Gemeinsam beschlossen sie,
dem Krieg ein Ende zu bereiten. Sie vermischten ihr Blut mitein-
ander und so erwarb Lilith die Macht, neues Leben zu erschaffen.
Sie erwählte einige wenige Menschen, denen sie besondere
Fähigkeiten verlieh: Unsterblichkeit, übermenschliche Kräfte,
151/165
Magie. Aus ihnen erschuf sie die Kinder der Nacht. Vampire, Wer-
wölfe und Hexen. Doch die übrigen Dämonen trauten dem gefallen-
en Engel nicht, und als sich ihnen die Gelegenheit bot, töteten sie
Lilith.
Zu diesem Zeitpunkt war der Krieg bereits weit fortgeschritten
und das Heer der Dämonen stark geschwächt. Auch war es den
Himmelskriegern inzwischen gelungen, den Standort des Dämon-
enportals ausfindig zu machen. In der entscheidenden Schlacht zer-
störten sie die Pforte in die Höllendimension, wodurch es zu einer
gewaltigen Explosion kam, die die letzten Dämonen tötete, die
gekommen waren, um das Portal zu schützen. Doch auch die Stadt
Rom, einst das Zentrum der Welt und Sitz des geheimen Portals,
wurde für immer vernichtet.
Nun endlich hatte der Krieg ein Ende gefunden und die Engel
verließen unsere Welt. Die Kinder der Nacht blieben jedoch zurück.
Frei von Liliths Einfluss folgten sie ihrem eigenen Willen und ein
neuer Krieg drohte auszubrechen. Dieses Mal zwischen ihnen und
uns. Im letzten Moment konnte er verhindert werden, und es kam
zur Bildung des Rates der Nox. Ein Bündnis von Menschen, Vam-
piren, Hexen und Werwölfen, die eine friedliche Koexistenz zwis-
chen unseren beiden Völkern aushandelten. Für lange Zeit war der
Friede gesichert. Doch dann machte die Hexe Evelyn Gramstone
vor siebzehn Jahren eine Prophezeiung, in der sie Liliths Rückkehr
verkündete:
Drei Blutlinien, die sich vereinen,
werden den gefallenen Engel gebären:
Lilith, die Mutter und Königin.
Ihr Wille wird die Kinder der Nacht lenken
und sie werden ihr in die Schlacht folgen,
die Anfang und Ende ist.
1.
Ich war tot. Nicht wirklich. Ich fühlte mich nur so. Seit vier Uhr
früh war ich auf den Beinen und die sechsstündige Zugfahrt gab
mir gerade den Rest. Das dumpfe Rauschen des Fahrtwinds, der
sich am Zug rieb, machte mich schläfrig, sodass mir immer wieder
die Augen zufielen. Ich fühlte mich erschöpft, antriebslos. Meine
Hände zitterten. Am liebsten hätte ich auf der Stelle losgeheult,
aber diese Schwäche durfte ich mir nicht auch noch geben. Ich
zwang mich, die Lider offen zu halten, und starrte auf den leeren
Sitz mir gegenüber. Königsblau. Doch kein Muster, dem ich mit den
Augen hätte folgen können. Keine Ablenkung. Doch es gab noch
einen anderen Weg, mich wach zu halten.
Ich brauchte bloß an die vergangenen Tage zurückzudenken und
schon kochte die Wut in mir hoch. Es war alles so verdammt unfair,
dass ich auf der Stelle hätte losschreien können. Freunde, pah!
Solange du bist wie sie, solange du denkst wie sie, ist alles gut. Aber
wehe, du bist anders. Na schön, ich war sehr viel anders. Ich hatte
ihnen nie auch nur ein einziges Haar gekrümmt und trotzdem be-
handelten sie mich mit einem Mal wie ein Monster. Ich selbst kon-
nte doch wohl am wenigsten dafür, wer ich war. Natürlich hatte sie
das nicht interessiert. Ihre höhnischen Worte, ihre hasserfüllten
Gesichter verfolgten mich bis in den Schlaf. Eigentlich sollte man
meinen, dass ich nach all den Jahren besser damit umgehen kön-
nte. Doch die Wahrheit ist, dass man sich nie wirklich an so etwas
gewöhnt. Und das alles nur, weil sie das mit Evelyn Gramstone
herausgefunden hatten.
Ich drückte meine Stirn gegen das kühle Glas des Zugfensters. Es
milderte das Pochen hinter meinen Schläfen, während ich mit
trägem Blick auf die vorüberziehende Landschaft starrte. Saftige
Sommerwiesen. Grüne Hügel. Die Lowlands. Wunderschön. Nur
hie und da ragten alte, rußgeschwärzte Ruinen aus der Landschaft
auf. Mahnmale eines lange zurückliegenden Krieges. Wie nur?,
fragte ich mich. Wie hatten sie es herausgefunden? Von alleine
153/165
konnten sie unmöglich dahintergekommen sein, dass Gramstone
meine Großmutter war. Dafür hatte meine Familie ihren Namen
schon zu oft gewechselt. Jemand musste mich verraten haben. Ver-
dammt, man konnte wirklich niemandem trauen!
Ich hatte wirklich allen Grund, dieses Leben zu hassen. Zehn
Jahre auf der Flucht. Meine gesamte Kindheit. Dann der Tod von
Grandma, der uns allen Hoffnung auf Frieden gab. Doch was für
ein Irrtum. Jedes Mal wenn unsere Nachbarn herausfanden, wer
ich bin, mussten wir wieder verschwinden. Nun war es einmal mehr
so weit. Bestimmt hatte die Direktorin längst Mum und Dad
darüber informiert, dass ich gestern vom Internat geflogen war. Sie
hatte doch nur nach einem Vorwand gesucht und Lewis
gebrochene Nase hatte ihr diesen geliefert. Aber niemand nennt
mich ungestraft eine dreckige Hexenschlampe.
Meine Eltern wurden im Moment vermutlich von einer Panikat-
tacke nach der anderen heimgesucht. Immerhin war meine
Tarnung aufgeflogen. Was das bedeutete, konnte ich mir an allen
zehn Fingern ausrechnen: wieder eine neue Stadt, wieder ein neuer
Name, wieder keine Freunde. Allein bei der Vorstellung legte sich
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